Schmiede-Biennale 2010

8. Biennale der Kunstschmiede und Metallgestalter – Professionalität und hohes Niveau: Mit der Sonne strömt das Publikum

Die 8. Biennale in Kolbermoor erlebte am ersten Augustwochenende 2010 einen noch nie erlebten Besucherandrang. Nach dreitägigem Dauerregen, dem die aktiven Teilnehmer vom Eröffnungsschmieden im Biergarten am Donnerstagabend bis Samstagmittag arbeitssam trotzten, krochen schließlich auch die Oberbayern aus ihren Behausungen, um den über 100 Schmieden aus 13 Nationen bei der Arbeit zuzusehen. Das Schmiedehandwerk konnte in bester Professionalität für sich werben.

Größter Magnet für die Schmiede waren in diesem Jahr ohne Zweifel die Workshops von Helmut Brummer. Unterstützt vom Hersteller, den Wieland-Werken, und deren Vertriebs- und dem diesjährigen Biennale-Partner Mecu führte der Meister aus Gröbenzell an drei Tagen und nahezu ohne Pause in den Umgang mit der neuen Schmiedebronze Ecoform ein. Mit unterschiedlichen Erfolgserlebnissen, aber immens großem Interesse an den Eigenschaften der neuen Legierung, versuchten sich über 50 Gesellen und Meister, unter ihnen Schmiedelehrer Peat Oberon aus England und Will Freary Stoddard aus Texas, mit der neuen Legierung. Arbeitsplatz war eine abgedunkelte, mit drei Gasfeuern und sechs Ambossen ausgestattete Jurte, zur Verfügung gestellt und aufgebaut von den Kolbermoorer Pfadfindern.

 

kolbenmoor 2010Ebenfalls auf großes Interesse stießen die Fachvorträge. Professor Heiner Zimmermann stellte sein neues Studienkonzept an der Fakultät für Metallgestaltung der Universität Göteborg im schwedischen Steneby vor. Er bedauerte einzig, dass seine Informationen über die auf Internationalisierung abzielende Öffnung der Bildungsangebote für junge Metallgestalter ohne akademischen Hintergrund gerade von den in Kolbermoor anwesenden Gesellen nicht in so großer Zahl genutzt wurde. Dafür waren die Vortragsräume bei den Themen moderne Damaszenerstähle, Fertigung von Rosendamast sowie Eisenverhüttung in Rennöfen bis auf den letzten Platz gefüllt – kein Wunder bei den Referenten Ulrich Gerfin, Cornelis Pronk und Heinz Denig. Eine rege Diskussion spann sich auch um die Gedankengänge der Philosophin und Ökonomin Christine Ax, die Thesen aus ihrem Buch „Die Könnensgesellschaft“ vorstellte und Chancen für eine nachhaltige Zukunft des Handwerks proklamierte und aufzeigte.

Das Schauschmieden stand in diesem Jahr auf hohem Niveau, was vor allem den Teilnehmern aus Schweiz, Österreich, Belgien oder England, aber auch „alten Kolbermoor-Hasen“ wie Johann Reif und Heinz Botschek zuzuschreiben war. Das Team der Schweizer IG Schmiede um deren neuen Präsidenten Marek Krähenbühl gestaltete für die Versteigerung die Geschichte des „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry. Josef Kerschbaumsteiner hielte an seiner mobilen Schmiedewerkstatt das Feuer nahezu ununterbrochen am Brennen und sprang mitunter beim rege besuchten Kinderschmieden bei.

Das Team der Ambachtelijke Smedersgilde – Luc Vandecasteele und Raoul de Bosscher, Weltmeister der Biennale in Stia 2009 und in Kolbermoor bereichert um Antoine Bauwens – arbeitete (trotz Begleitung ihrer Ehefrauen) von Freitag bis Sonntag nahezu durch, unter anderem an Skulpturensockeln aus massiven, abgesetzten und gestauchten Stahlplatten und dem geschmiedeten Logo der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Johann Reif demonstrierte am Sonntagmorgen das Schmieden und Einbrennen von Zacken in eine alte Egge, ein Hingucker am Samstagabend war – nicht nur wegen seiner körperlichen Voraussetzungen – Heinz Botschek, der einen aufgespalteten Widderkopf aus einem massiven Stück Vierkant entstehen ließ.

Wohltuende Momente des Innehaltens gab es am Samstagabend: Die drei Kolbermoorer Stadtgeistlichen zelebrierten auf der großen Musikbühne einen ökumenischen Gottesdienst, in dessen Rahmen sie ein von Carina Sappl, Hans Neuschmied junior und Andreas Wiegand geschmiedetes Kreuz erhielten und segneten und freudig drei von Volker Allexi und seinem Team der Metallwerkstatt Siegburg gegossene Alu-Platten mit den Logos der drei Pfarreien für die Kolbermoorer Bauwagenkirche entgegennahmen.

Bei der feierlichen Eröffnung am Freitagabend mit Grußworten von Bürgermeister Peter Kloo, Biennale-Chef Peter Elgaß, Vertretern des Landkreises Rosenheim und der Tiroler Metall-Innung war es IFGS-Präsident Cornelis Pronk vorbehalten, den zweiten Träger des Professor-Alfred-Habermann-Preises bekannt zu geben: Havard Bergland. Der norwegische Schmied, Buchautor, Messer- und Damastexperte konnte aus gesundheitlichen Gründen die Auszeichnung nicht persönlich entgegennehmen. Die für Skandinavier symbolträchtige „Sonnenscheibe“ aus Damaszenerstahl, gefertigt von Heinz Denig, dem ersten Habermann-Preisträger, soll deshalb baldmöglichst in Berglands Heimat Norwegen überreicht werden.

Auch wenn einige wenige Nostalgiker vermerkten, die Biennale werde „immer professioneller“, so zeigte sich, dass viele Anstrengungen und Erfahrungen früherer Jahre aufs Positivkonto zu verbuchen sind. So bewältigte Benedikt Riesch Aufbau und Ausstattung der Schmiedeschau im Mareis-Saal in Rekordzeit, oder „Platz-Chef“ Michael Ertlmeier rieb sich am Mittwochabend fast verwundert die Augen, dass schon vor dem großen Regen alle Zelte, die Schmiedefeuer und Ambosse bereit standen – nicht zuletzt dank der vielen Helfer und des von Cornelis Pronk bestückten IFGS-Werstattanhängers, zu dem nun auch die komplette Elektrik für die Arbeitsplätze gehört. Und die überstand den dreitägigen Dauerregen ohne einen einzigen Aussetzer oder Kurzschluss. Wohltuend auch, dass sich alle Aktiven ausnahmslos ans Alkoholverbot im Schmiedezelt hielten.

Zuletzt bot die Biennale musikalische Leckerbissen: am Freitag Cover-Rock mit den Lokalmatadoren von „Seventeen“, am Samstag das Samba-Trommelfeuer der „BateriaZ“ und danach Rock-Party bis Mitternacht mit den „Forgotten Heroes“ (und edlen Tropfen der „Neuburger Alchimisten“), bevor am Sonntagmorgen die Formation „Jazzed Married“ der Kolbermoorer Sing- und Musikschule und abschließend die „Cubaboarischen“ mit Karibik-Bayern-Sound die Versteigerung der gefertigten Schmiedearbeiten umrahmten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt gab es auf dem Biennale-Platz kein Durchkommen mehr.